Markus Harzenetter, Fraktionsvorsitzender der Grünen in Vöhringen, hat bereits mehrfach in den vergangenen Monaten um den Erhalt des gegenwärtigen Jugendhauses geworben. Dieses soll nach bisherigen Planungen im Kontext der Entwicklung der Neuen Rathaus-Mitte abgerissen werden. Laut Harzenetter muss deshalb dringend ein neutrales Gutachten eingeholt werden, das das Gebäude im Idealfall als erhaltungswürdig und klimafreundlich renovierbar einstuft. Freilich ginge mit einem solchen Abriss-Stopp auch eine Neuplanung der Neuen Rathaus-Mitte einher, noch sei es jedoch früh genug. Zudem biete das Gebäude auch Raumpotenzial für mannigfaltige Nutzungen.
Harzenetter begründet diesen Vorstoß mit dem besonderen soziokulturellen Wert des Jugendhauses. Das Jugendhaus, insbesondere seine charakteristische Architektur im Ensemble mit Rathaus, Marienkirche und Kulturzentrum, ist eines von wenigen Gebäuden Vöhringens mit Aura und Flair, das es zu erhalten gilt. Seine wechselhafte Geschichte als frühere Volksschule und Realschule sowie als heutiges Jugendhaus mit vielfältiger Nutzung durch verschiedenste Organisationen führt dazu, dass sich Vöhringer:innen aller Generationen mit diesem Gebäude verbunden fühlen.
Markus Harzentter ergänzt in seinem Antrag:
„Der Anspruch an die Neue-Rathaus-Mitte-Planung besteht darin, sowohl das Bestehende als auch das Mögliche zu betrachten und die Relevanz beider Aspekte genau und mit Sorgfalt zu prüfen. Es gilt, anhand des sinnvollen Gebäudebestandes kreativ weiterzubauen und zu qualifizieren, statt klimaschädlich und herzlos abzureißen, um in den Mustern alter Planungen einfacher und mit wenig Kreativität neuzubauen.“
Zudem müssen bei einem ambitionierten Klimaschutzprogramm CO2 -Emissionen auch im Gebäudebereich nachhaltig gesenkt werden. Der gesamte Lebenszyklus von Gebäuden muss in den Blick genommen werden: die Klimawirkung der Herstellung von Baustoffen, die Errichtung der Gebäude bis zur Wiederverwertung und dem Rückbau. Verschiedene Organisationen in der Bau-Branche plädieren statt übereilter Abrisse für einen ökologisch sinnvollen Bestandserhalt. Laut Umweltbundesamt entstehen beispielsweise in dem Bereich rund 60 Prozent des Abfallaufkommens in Deutschland, zudem ist er für etwa 35 Prozent des Energieverbrauchs und 40 Prozent der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Um das mit dem Pariser Klimaabkommen beschlossene 1,5-bis-2-Grad-Erwärmungslimit einhalten zu können, muss auch der Baubereich in den nächsten Jahrzehnten CO2-neutral werden. Eine Studie des Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt, Energie ergab voriges Jahr, dass dies im gesamten Gebäudebestand sogar schon bis 2035 nötig ist, um die untere Grenze von 1,5 Grad zu halten. Dafür müsste die Sanierungsquote bei Altbauten von derzeit rund einem auf vier Prozent pro Jahr erhöht werden.
Ein großes Problem ist die “graue Energie”, die in die Herstellung der Baustoffe wie Beton, Stahl und Steine fließt. Sie geht bei einem Abriss verloren. Zudem ist das Abbrechen selbst energieaufwändig, und für die Baustoffe des neuen Gebäudes muss auch wieder viel Energie aufgewandt werden. Bei einer Sanierung ist der Energieaufwand weit geringer. Der BDA (Bund deutscher Architektinnen und Architekten) plädiert für einen ökologischen Wandel im Planen und Bauen und fordert dass Stadtplaner:innen und Architekt:innen zunehmend ohne Neubau auskommen sollten. Die “graue Energie”, die vom Material über den Transport bis hin zur Konstruktion in Bestandsgebäuden stecke, müsse ein wichtiger Maßstab zur energetischen Bewertung im Planungsprozess werden. Wer Gebäude saniert und qualifiziert, könne bereits eingesetzte Rohstoffe und Materialien noch einmal nutzen und dabei bezahlbaren Wohn- und Arbeitsraum erhalten.
Die Gebäudesanierung ist DIE zentrale Aufgabe zur Minimierung der Grauen Energie im nachhaltigen Bauen. Gefragt sind schlüssige Lösungen, die zeitgemäße Nutzungslösungen in alten Mauern zulassen und keine schlechten Kompromisse sind.
Das von der Grünen Fraktion beantragte Gutachten ist ein erster Schritt zu einer solchen Klimagerechtigkeit, die Zugleich die Vöhringer Identität als geschichtsträchtige Stadt betont.
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