Viele ehemalige Mitstreiter und Gefährten der Anfangsjahre der Neu-Ulmer Grünen waren gekommen, als Rainer Juchheim am 19. Juli 2018 seinen Abschied als Grünen-Fraktionsvorsitzender im Neu-Ulmer Cafe d’Art feierte. Von ihrem Beginn im Jahr 1996 leitete er die Fraktion und blickt auf viele Jahre erfolgreichen, aber auch anstrengenden Wirkens für die Stadt zurück.
Der Vollgaspolitiker
Der ehemalige Grünen-Stadtrat Norbert Wartha begründete dieses erfolgreiche Wirken schlüssig und prägnant in Bildern und Stichworten zur Person Rainer Juchheims. “Er hat seine Überzeugung immmer gelebt. Rainer macht den Mund auf, wenn ihn was stört. Und er gibt nicht auf.” Er habe ihn als stur, rau und ungehobelt erlebt und ebenso als zuverlässig und zielstrebig. Die “34 Jahre Politik im Vollgasmodus” seien ein Gewinn für den Stadtrat und die Stadt. Warthas Schlussfolgerung: “Neu-Ulm hat ihm zu danken”.
Der Wahlkampfstratege
Als Wegbegleiter der ersten Jahre brachte Manfred Bittner, aktuell Vorstand der Elchinger Umweltliste, einige Episoden aus den gemeinsamen Anfangsjahren. Unvergessen, wie Rainer und Manfred die ersten Wahlkampfaktionen auf dem Land bestritten. “Wir stellten das blaue Wohnmobil auf den Dorfplatz. Ich spielte auf meiner Trompete den Zillertaler Hochzeitsmarsch und Rainer verteilte die Wahl-Prospekte. Landagitation nannte man das.” Die Wirksamkeit des Vorgehens ließ sich damals noch nicht nachweisen, meinte Bittner: “Wir haben quasi die CSU blasmusikalisch völlig überholt, nur im Wahlergebnis hat es sich nicht so ausgewirkt.”
Der Lehrmeister
Als “einen meiner Lehrmeister” bezeichnete die Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz den scheidenden Fraktionsvorsitzenden. Sie habe von ihm Strategie, Taktik und Operationalisierung gelernt, entscheidende Methoden um als Politikerin erfolgreich zu werden. Als Beispiele hierzu brachte sie Begebenheiten aus gemeinsamen Wahlkämpfen. Rainer habe intuitiv die richtigen Strategien: “Bei ihm wusste man, er geht einfach unters Volk und wenn er am Infostand steht, bringt er Leben rein.” Gleichzeitig wünschte sie sich, dass er sich noch nicht komplett aus dem politischen Geschäft zurückziehe, da es immer noch Grüne Jugend gäbe, die von ihm lernen wolle. Und schließlich habe sie auch von ihm gelernt: “Politik ist wahrhaftig nicht Trockenes, man darf dabei lachen. Zwischendrin einfach mal alles liegen lassen und in den Baggersee springen.”
Rainer Juchheim selbst sprach in seiner Rede die zahllosen Aktivitäten an, die ihn und seine Stadtratsfraktion geprägt haben. Vieles, was die Grünen auf den Weg bringen wollten, wurde im ersten Anlauf im Stadtrat abgelehnt. Doch Beharrlichkeit und Sachverstand führten irgendwann doch zum Erfolg. Auch über seine Amtszeit hinaus gebe es langfristige Aufgaben, wie etwa den Sozialwohnungsbau oder den Verzicht auf Pestizide und Gentechnik. Es falle ihm nicht schwer, den Fraktionsvorsitz abzugeben, weil er mit Mechthild Destruelle eine Nachfolgerin habe, die das Amt mit den gleichen Kraft und Ausdauer weiterführen werde. Er bedankte sich bei seiner eigenen und den anderen Fraktionen des Stadtrats, beim Oberbürgermeister und bei der Verwaltung. Das Verhältnis untereinander sei aus seiner Sicht im Laufe der Jahre stetig besser geworden. Stehender Applaus und Juchheims Lieblingslied “Leben einzeln und frei” von Hannes Wader bildete den bewegenden Abschluss des Abends.
Bernhard Wiesner
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