Rainer Juchheim beim Neujahrsempfang 2018
Liebe Gäste,
ich begrüsse sie/euch auf das herzlichste im Namen der Stadtrats- und Gemeinderatsfraktionen Ulm/NeuUlm und wünsche ihnen allen ein glückliches Jahr 2018. Ich werde diesmal niemanden extra begrüssen, uns sind alle gleich willkommen.
Was erwartet sie/euch heute?
Nach einer kurzen Einführungsrede meinerseits werden sich unser Landtagskandidat Klaus Rederer und unser Bezirkstagskandidat Walter Zerb vorstellen. Danach moderiert Marcel Emmerich, Bundestagskandidat bei der Wahl 2017, Landesvorstandsmitglied der Grünen Baden-Württemberg ein Gespräch mit der grünen Bundestagsabgeordneten Ekin Deligöz und dem grünen Landtagsabgeordneten Jürgen Filius.
Dies ist meine letzte Begrüßungsrede als Fraktionsvorsitzender auf einem Neujahrsempfang der Grünen. Nach 22 Jahren werde ich dieses Amt im Sommer abgeben. Ich will ja nicht seehofern. Mit 71 Jahren ist die Zeit gekommen, den Stab an jüngere zu übergeben. Ich tue dies umso lieber und guten Muts, da mit Mechthild Destruelle eine hervorragende Nachfolgerin bereit steht. Sie wird neue Akzente setzen, aber auch unsere bisherige Arbeit erfolgreich weiterführen. Ich bin mir sicher, dass wir hier eine gute Wahl getroffen haben.
Der Schwerpunkt meiner Rede liegt auf dem Radverkehrsplan – einem für uns Grüne sehr wichtigem Thema.
Der Radverkehrsanteil am Gesamtverkehrsaufkommen muss in Neu-Ulm – und nicht nur hier – gesteigert werden. Unser Ziel ist es, in absehbarer Zeit einen Radanteil von 20% zu erreichen. Das ist gut für die Umwelt und für die Gesundheit, bringt eine gewisse Lärmberuhigung und Luftverbesserung.
In einer Umfrage wurde gefragt: Warum fahren Sie Rad? In Deutschland war die häufigste Antwort: es ist gesund und schont die Umwelt. In Skandinavien: Es ist schnell, sicher und bequem. Schnell, sicher und bequem. Da müssen wir hinkommen.
Das geht aber nur, wenn hier auch Geld in Hand genommen wird. Wir haben in Neu-Ulm einen Radverkehrsplan, keinen schlechten. Aber wenn der weiterhin in dem Tempo wie bisher umgesetzt wird werde ich nicht mehr Radfahren können, wenn Neu-Ulm ihn abgestottert hat. Es ist nun keineswegs so, dass in Neu-Ulm nichts getan wird. Dieses Jahr wird z.B. der Geh- und Radweg unter der Gänstorbrücke eingeweiht – Kostenpunkt rund 1,3 Mio, wovon etwa die Hälfte von Neu-Ulm getragen wird, der Rest sind Zuschüsse.
Diese Unterführung zeigt, dass wir Grüne unsere Ziele erreichen können, wenn sie sinnvoll sind und beharrlich verfolgt werden. So habe ich rund 20 Jahre für diese Unterführung gekämpft. Ich danke den Kollegen und Kolleginnen im Stadtrat dafür, dass sie mich am Ende mit breiter Mehrheit unterstützten. Besonders danke ich Karl Martin Wöhner für seinen langen Kampf an meiner Seite.
1,3 Mio € scheinen viel Geld zu sein – sie sind es auch. Wenn aber der Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehr 12 % beträgt und der Anteil des Kfz Verkehrs 60 %, müsste ja eigentlich der Radverkehrsetat ca. ein Fünftel der Ausgaben für den Kfz Verkehr betragen, wenn er als gleichberechtigt angesehen wird. Das ist in Neu-Ulm aber leider nicht der Fall.
Ich zitiere eine in Münster erstellte Studie: Unter den Kunden der Läden im Stadtgebiet sind die Autofahrer in der Minderheit – zwischen 25% unter der Woche und 40 % samstags. Diese Studie zeigt ein für viele doch sehr überraschendes Ergebnis. Der ADFC fordert für eine Stadt in der Größenordnung von Neu-Ulm rund 1,8 Mio € pro Jahr, das Bundeswirtschaftsministerium rund 900 000 €.
Hier muss in Neu-Ulm ein Umdenken stattfinden.
Wir haben bei den Haushaltsberatungen durchgesetzt, dass der Ansatz für Radabstellanlagen von 3000 auf 10 000 € angehoben wird.
Danke an alle, die mit uns gestimmt haben. Das ist ein, wenn auch kleiner, Fortschritt hin zu mehr Bequemlichkeit für Radfahrer. Es fehlen z.B. Abstellanlagen an den Übergangsstellen vom Radverkehr zum ÖPNV, im Glacis, ( schauen sie sich einmal das Chaos an, das herrscht, wenn dort Veranstaltungen sind), das gleiche gilt für Veranstaltungen in der Caponniere, es fehlen abschliessbare Abstellanlagen, es könnten z.B. auch in der Tiefgarage am Petrusplatz Abstellplätze bereitgestellt werden. Besonders Besitzer von hochwertigen Rädern oder Elektrofahrrädern würden das zu schätzen wissen.
Mit unserem Antrag, den Pauschbetrag für die auf unseren Vorschlag so genannte Haushaltsstelle Radverkehrsplan von 100 000 auf 300 000 € anzuheben sind wir gescheitert. Es war dies keineswegs ein Symbolantrag, wie uns vorgehalten wurde. Die Haushaltslage ist gut, das Geld ist vorhanden, es wäre im Radverkehrsplan gut angelegt und es ist auch nötig, um den Radverkehr voranzubringen. Es macht natürlich einen Unterschied, ob 100 000 oder 300 000 € im Haushalt stehen. Bei 300 000 € Pauschbetrag kann ganz anders geplant werden als bei 100 000 € .
Was mich bei der Diskussion um dieses Thema gestört hat: Es wurde argumentiert, Neu-Ulm könne 300 000 € für den Radverkehrsplan sowieso nicht ausgeben, es gäbe dann wieder die vielkritisierten Haushaltsreste.
Wenn dem so ist, muss ich 2 Fragen stellen:
- Ist die Verwaltung unterbesetzt ?
- Warum wird dieses Argument nur beim Radverkehrskonzept angeführt?
Ein Grund könnte sein, dass der Radverkehr (noch ?) nicht den ihm gebührenden Stellenwert hat.
Um den Radverkehr zu stärken, ihn mehr in das Bewusstsein aller zu bringen und die Abarbeitung des Radverkehrsplans voranzubringen braucht Neu-Ulm eine/n Radverkehrsbeauftragte/n. Diese Stelle gibt es in Ulm und vielen anderen deutschen Städten
Des weiteren sollte eine Fahrrad App installiert werden, auf der Probleme, wie z.B. nicht geräumte Radwege gemeldet oder Vorschläge zur Verbesserung des Radverkehrs gemacht werden können. Insgesamt muss der Radverkehr in der Innenstadt klarer geführt und sicherer und bequemer werden. Wer schickt sein Kind schon mit dem Fahrrad auf die Augsburgerstrasse? Dazu gehört die Einführung von Tempo 30 tagsüber. Das würde auch den Lärm und die Umweltbelastung reduzieren. Ein Schritt wurde ja schon gemacht: Die Einführung von Tempo 30 nachts auf Augsburger-, Hermann Köhl-, Bahnhof- und Reuttierstr.
Eine weitere Sache, die mir sehr am Herzen liegt, ist der Wasserturm, ein Wahrzeichen Neu-Ulms, das im Dornröschenschlaf liegt. Hier sollte endlich etwas geschehen, um eines der wenigen markanten Bauwerke Neu-Ulms ins rechte Licht zu rücken. Vielleicht noch zum Stadtjubiläum?
Liebe Gäste, ich danke ihnen für ihre Aufmerksamkeit und übergebe das Mikrofon nun an unseren Landtagskandidaten Dr. Klaus Rederer
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