Ende Juni stellte die Grünen-Fraktion im Pfaffenhofener Marktrat folgenden Antrag zur pestizidfreien Kommune:
Der Marktgemeinderat Pfaffenhofen an der Roth möge beschließen, dass:
- ab sofort auf allen kommunalen Flächen (Kulturland sowie Nichtkulturland) keine chemisch-synthetischen Pestizide (Pflanzenschutzmittel) eingesetzt werden.
- private Dienstleistungsunternehmen, die den Auftrag zur Pflege öffentlicher Flächen erhalten, ebenfalls zu einem Pestizidverzicht verpflichtet werden. Bei ausbleibendem Erfolg kann hierzu in besonderen Einzelfällen durch separaten Marktgemeinderatsbeschluss eine fallbezogene Ausnahme beschlossen werden.
- bei der Neuverpachtung kommunaler Flächen für eine landwirtschaftliche Nutzung ein Verbot des Einsatzes von Pestiziden im Pachtvertrag verankert wird.
- private Firmen mit kommunaler Mehrheitsbeteiligung zur pestizidfreien Bewirtschaftung aufgefordert werden.
- Bürger*innen über die Bedeutung von Biodiversität in der Marktgemeinde informiert und gleichzeitig Möglichkeiten zum Schutz von Bestäubern wie Bienen und Wildbienen sowie giftfreie Maßnahmen beim Gärtnern aufgezeigt werden.
Begründung:
In Städten und Gemeinden werden Pestizide eingesetzt, um Wege in Parks, Sport- und Spielplätze, Grünanlagen oder Straßenränder frei von unerwünschten Kräutern und Gräsern zu halten oder um gegen ungeliebte Insekten vorzugehen.
Viele der Mittel stehen im Verdacht, Krebs zu erregen, die Fortpflanzung zu schädigen oder eine hormonelle Wirkung zu haben. Auf öffentlichen Flächen wie beispielsweise Sport- und Spielplätzen können die Wirkstoffe in direkten Kontakt mit den Bürger*innen kommen.
Insbesondere für Kinder und Schwangere ist das eine Gefahr. Auch Haustiere wie Hunde und Katzen sind den Stoffen schutzlos ausgeliefert. Für viele Tier- und Pflanzenarten im städtischen Raum sind Pestizide ein Verhängnis. Denn nicht nur die unerwünschten Wildkräuter und Insekten werden beseitigt, sondern auch Honigbienen, Wildbienen, Schmetterlinge und Fledermäuse. Entweder töten und schädigen Pestizide Insekten oder Wildkräuter direkt oder sie dezimieren ihren Lebensraum und ihre Nahrung.
Von den fast 600 Wildbienen-Arten in Deutschland steht rund die Hälfte auf der Roten Liste. Dabei sind blütenbesuchende Insekten unentbehrlich für die Bestäubung von Wild- und Kulturpflanzen. Sie erhalten die Pflanzenvielfalt und sichern landwirtschaftliche Erträge und damit unsere Ernährung. Laut Welternährungsorganisation sind weltweit rund zwei Drittel unserer Nahrungspflanzen auf Bestäuber angewiesen. In Städten und Gemeinden sichern Honigbienen, Wildbienen und Schmetterlinge den Kleingärtnern eine gute Obsternte und den Imkern reichlich Honig.
Weltweit und auch in Deutschland erleben wir einen zunehmenden Verlust der Artenvielfalt. Grund dafür ist vor allem die intensive Landwirtschaft. Dort dominieren meist Monokulturen, die intensiv mit Pestiziden gespritzt werden. Hecken oder Blühflächen, als Rückzugsgebiete und Nahrung für viele Insekten, Vögel und Säugetiere fehlen oft komplett.
Über 40.000 Tonnen Pestizide belasten jährlich in Deutschland die Umwelt, Tendenz steigend. Das Ziel der nationalen Biodiversitätsstrategie, den Verlust von Arten zu stoppen, kann mit dem aktuellen Pestizideinsatz nicht erreicht werden. Siedlungsgebiete sind oft letzte Rückzugsorte für bedrohte Arten, die in der Agrarlandschaft keinen Lebensraum mehr finden.
Kommunen können hier Verantwortung und eine Vorreiterrolle für den Artenschutz übernehmen, indem sie bei der Flächenpflege keine Pestizide einsetzen. Auch für die menschliche Gesundheit und die Lebensqualität ist der Pestizidverzicht ein Gewinn. Bundesweit über 50 Städte sind bereits ganz oder teilweise pestizidfrei, einige von ihnen sogar schon seit über 20 Jahren. Beispiele hierfür sind Tübingen, Münster, Saarbrücken und Heidelberg.
Die möglichen Maßnahmen sind vielfältig.
So werden Flächen mit mehrjährigen Stauden bepflanzt, die Insekten ein ganzjähriges Blütenangebot und damit Nahrung und Lebensraum schaffen. Frühzeitiges Reinigen von Verkehrsflächen und planerische Weitsicht bei der Bebauung sind wichtige Elemente, um einen zu starken Bewuchs zu verhindern. Alternativen zur Chemiekeule sind vielfältige mechanische und thermische Verfahren.
Besonders wichtig ist dabei immer die Kommunikation mit den Bürger*innen, um die notwendige Akzeptanz zu schaffen. Nur durch entsprechende Information kann die durch Pestizidverzicht entstehende, ökologische Vielfalt mit den hierfür erforderlichen „anderen Augen“ gesehen und wertgeschätzt werden.
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