Neu-Ulmer Stadtratsfraktion besucht regionalen Milchviehbetrieb mit Biogasanlage
Herausforderungen, Chancen und zukunftsweisende Lösungen in der Landwirtschaft
Die Stadtratsfraktion besuchte kürzlich einen regionalen Milchviehbetrieb, um sich vor Ort ein Bild von den aktuellen Herausforderungen und Chancen in der Landwirtschaft zu machen. Der Besuch diente dem intensiven Austausch zwischen Landwirt und Politikern, wobei zentrale Themen wie der Flächenverbrauch, die Tierwohlstandards, die Diversifizierung von Einnahmequellen und die Automatisierung der Landwirtschaft im Mittelpunkt standen.
Flächenverbrauch: Ein wachsendes Problem für landwirtschaftliche Betriebe
Ein Hauptthema des Gesprächs war der zunehmende Flächenverbrauch, der durch städtische Expansion und den Bau von Infrastrukturprojekten vorangetrieben wird. Der Inhaber des Milchviehbetriebs erläuterte eindrücklich, welche Folgen dies für landwirtschaftliche Betriebe hat. Immer weniger Fläche stehe für die Futterproduktion zur Verfügung, was den Betrieb dazu zwinge, Futter zuzukaufen – eine kostspielige Alternative. Als Grüne Stadtratsfraktion setzen wir uns daher weiterhin für ein ausgewogene und flächensparende Stadtentwicklung ein.
Herausforderungen bei der Erhöhung der Tierwohlstandards
Daneben wurden Herausforderungen für landwirtschaftliche Betriebe durch die stetig steigenden Anforderungen an die Tierwohlstandards diskutiert. Während Tierwohl aus gesellschaftlicher Sicht eine hohe Priorität hat, steht die Umsetzung dieser Standards für die Betriebe häufig im Spannungsfeld zwischen ethischem Anspruch und wirtschaftlicher Realität. „Höhere Tierwohlstandards bedeuten oft höhere Kosten, zum Beispiel für größere Stallungen oder verbesserte Haltungssysteme“, erklärte der Landwirt. Während auf dem deutschen Markt Tierwohl auf Druck der Discounter einen immer wichtigeren Stellenwert einnehme, werde dieser Faktor auf dem Weltmarkt noch nicht berücksichtigt.
Diversifizierung: Milchwirtschaft, Biogaserzeugung und Photovoltaik als Chance
Ein positives Beispiel für Innovation und nachhaltige Unternehmensführung stellte der Betrieb in der Kombination aus Milchwirtschaft, Biogaserzeugung und Photovoltaik dar. Die Diversifizierung der Einnahmequellen sichert dem Familienbetrieb Stabilität und trägt zur ökologischen Energieproduktion bei. „Die Integration von Biogas und Photovoltaik macht uns unabhängiger von den Schwankungen des Milchpreises und ermöglicht uns zudem einen Beitrag zur Energiewende zu leisten“, so der Landwirt. Doch auch hier gibt es Herausforderungen.
Schwierigkeiten bei der Nutzung von Agri-PV
Die sogenannte Agri-Photovoltaik (Agri-PV), die eine kombinierte Nutzung landwirtschaftlicher Flächen für die Nahrungsmittelproduktion und die Energiegewinnung ermöglicht, berge großes Potenzial. Eine Weidehaltung unter Agri-PV Anlagen wurde bereits geprüft, allerdings wäre eine Umsetzung aufgrund bürokratischer Hindernisse nicht im Rahmen des EEG möglich gewesen und somit leider nicht zum jetzigen Zeitpunkt profitabel.
Verbesserungen bei der EEG-Förderung für Biogas
Auch die aktuellen Rahmenbedingungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) standen zur Diskussion. Während Biogas eine wichtige Rolle im Energiemix spielt, ist die Förderung laut dem Betriebsleiter nicht auf eine flexible Stromerzeugung ausgerichtet. Somit ist es für Landwirte unrentabel Strom bei hoher Nachfrage zu produzieren und das Gas bei niedriger Nachfrage zwischenzuspeichern. Eine Änderung im Sinne der Energiewende wird dazu gerade im Bundeswirtschaftsministerium ausgearbeitet.
Automatisierung: Von Melkmaschinen zu autonomen Robotern
Der Betrieb zeigte eindrucksvoll, wie moderne Technik bereits heute die Landwirtschaft revolutioniert. Melkmaschinen, GPS-gesteuerte Traktoren und sogar autonome Roboter, die die Kühe füttern, sind mittlerweile im Einsatz. „Die Automatisierung erleichtert uns die tägliche Arbeit enorm“, erklärte der Betriebsleiter. Doch trotz der Vorteile seien die Investitionskosten hoch, sodass sich nur Betriebe ab einer gewissen Größe diese Anschaffungen leisten können.
Bürokratische Hürden im Alltag
Ein wiederkehrendes Thema war die Bürokratie, die im Alltag der Landwirte eine große Belastung darstellt. Die Dokumentationspflichten von der Tierhaltung bis hin zu Lieferscheinen für Güllelieferungen nehmen viel Zeit in Anspruch. „Wir wollen uns auf unsere eigentliche Arbeit konzentrieren – die Pflege der Tiere und den Betrieb des Hofes“, so der Landwirt.
Arbeitsbelastung und Zeitaufwand im Familienbetrieb
Abschließend wurde die enorme Arbeitsbelastung in einem Familienbetrieb thematisiert. Von der Stallarbeit über die Verwaltung bis hin zu den zusätzlichen Aufgaben durch die Biogasanlage – der Alltag ist zeitintensiv und fordert viel Engagement. „Es bleibt wenig Zeit für die Familie. Mehr als ein gemeinsames Urlaubs-Wochenende mit der Familie ist schon schwer zu realisieren“, gab der Betriebsleiter zu. Der Zusammenhalt in der Familie und die Unterstützung durch eigene Auszubildende machen das Ganze erst möglich.
Fazit: Politik und Landwirtschaft im Dialog
Der Besuch der Stadtratsfraktion auf dem Milchviehbetrieb verdeutlichte, dass die Landwirtschaft vor großen Herausforderungen steht, aber auch Chancen durch Innovation und Diversifizierung nutzen kann. Der offene Dialog zwischen Landwirten und Politikern ist ein erster wichtiger Schritt, um praxisnahe Lösungen zu finden, die sowohl die wirtschaftliche Stabilität der Betriebe sichern als auch gesellschaftliche Ansprüche an Umwelt- und Tierschutz erfüllen.
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