Foto: Mika Baumeister (Unsplash)
Im vergangenen Jahr 2020 zerstörte ein Brand am 9. September das Geflüchtetenlager Moria auf der griechischen Insel Lesbos. Die Horrorbilder gingen um die Welt, Joko und Klaas machten zur Primetime darauf aufmerksam, alle waren tief bestürzt und Politiker:innen überboten sich mit Betroffenheitsbekundungen.
Es war auch besagter September, in dem unsere GRÜNE/LINKE-Fraktion im Kreistag mit einem Antrag den Landrat Thorsten Feudenberger stellvertretend für unseren Landkreis Neu-Ulm aufforderte, aktiv zu werden. Der Landkreis müsse hier die Landesregierung zum Handeln auffordern und zugleich selbst Unterstützung in der Sache anbieten.
Wir sprechen hier unter anderem davon, schutzsuchende Kinder, Jugendliche, Frauen und Erkrankte aufzunehmen. Eine Hilfe, die gewiss viel zu spät kommt, aber die umso dringlicher nötig ist und eigentlich für jeden Menschen mit einem gesunden moralischen Kompass selbstverständlich sein sollte.
Oder nicht? Rund fünf Monate später haben die Christlich-Soziale Union, die Junge Union und die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (!) den Antrag im Nichts verschwinden lassen: Er wurde endgültig von der Tagesordnung genommen und steht daher nicht zur Diskussion. So, als wäre der Antrag nie gestellt worden. Ja, du verstehst das richtig. Über diesen Antrag wird nicht ein mal diskutiert. Lassen wir das kurz sacken.
Ich bin stinksauer und habe auch keine Lust so zu tun, als wäre ich es nicht. Wir reden hier nicht von Milliarden Euro an Steuergeld, die irgendein CSU-Minister wahlweise zum Fenster rausschmeißt oder sich in die eigene Tasche steckt. Wir reden von Menschen wie du und ich. Von kleinen Kindern, die weinen und sagen, dass sie sterben wollen. Die von Krankheit, Gewalt und einer lebensfeindlichen Umwelt bedroht werden. Das Elend ist nicht vorstellbar.
Und nun haben wir hier Kreisrät:innen, von denen die meisten selbst Kinder oder sogar Enkelkinder haben, die sich für ihre Entscheidungen nicht einmal rechtfertigen wollen. Ich bin mir unschlüssig, ob das unfassbar arrogant, grenzenlos feige oder einfach nur bequem ist. Aus dem Auge, aus dem Sinn. Egal was die Gründe sein mögen, wenn der Diskurs wie hier unmöglich gemacht wird, ist das in hohem Maße demokratiefeindlich.
Während mich dieses Vorgehen bei CSU und JU (traurigerweise!) nicht einmal überrascht – Nächstenliebe wird offenbar nur gepredigt, nicht praktiziert – kann ich einfach nicht glauben, dass “sozial”demokratische Kreisrät:innen bei diesem Trauerspiel mitgemacht haben. Wir reden von der Partei, die sonst vor jeder Kamera ihr “Wir sind die Guten”-Image hervorhebt und die Hilfsbedürftigkeit von Geflüchteten auf den griechischen Inseln betont. Was für ein trauriger Tag für die Kreis-SPD.
Nein, so geht das nicht. So einfach darf man es sich nicht machen. Wir Bürger:innen sollten wütend sein. Nicht nur darüber, dass wir hier im Mensch-Sein versagen, sondern auch, dass der demokratische Diskurs mit Füßen getreten wurde.
Liebe CSU, JU und SPD im Kreistag: Schämt euch.
– Euer Alpay Artun
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