Wie berichtet haben die neuen Vöhringer Stadtratsmitglieder bereits ihre Arbeit aufgenommen und möchten hier regelmäßig über grüne Themen und Fortschritte berichten.
Den Anfang machen die ersten beiden eingereichten Anträge:
Artenvielfalt fördern durch Pestizidverzicht
Der Stadtrat möge beschließen, dass
- ab sofort auf allen städtischen Flächen (Kulturland sowie Nichtkulturland) keine chemisch-synthetischen Pestizide (Pflanzenschutzmittel) eingesetzt werden,
- private Dienstleistungsunternehmen, die den Auftrag zur Pflege öffentlicher Flächen erhalten, ebenfalls zu einem Pestizidverzicht verpflichtet werden,
- bei der Verpachtung kommunaler Flächen für eine landwirtschaftliche Nutzung ein Verbot des Einsatzes von Pestiziden im Pachtvertrag verankert wird,
- bei der Verpachtung kommunaler Flächen für eine landwirtschaftliche Nutzung statt Monokulturen „Blühkulturen“ (Anbau einer artenreichen mehrjährigen Wildpflanzenmischung) zur nachhaltigen Energiegewinnung und gleichzeitigen Förderung der Struktur- und Artenvielfalt durch Pacht-Ermäßigung oder Nachlass gefördert werden,
- Bürgerinnen und Bürger über die Bedeutung von Artenvielfalt in der Stadt informiert und gleichzeitig Möglichkeiten zum Schutz von Bestäubern wie Bienen und Wildbienen sowie giftfreie Maßnahmen beim Gärtnern aufgezeigt werden.
Begründung
Eine der größten Herausforderungen unserer Zeit ist der Verlust an biologischer Vielfalt: Das Aussterben von Arten, der Rückgang ihrer genetischen Vielfalt sowie die Degradierung und Veränderung von Ökosystemen. Die biologische Vielfalt ist für uns Menschen existenziell für Nahrung, Wasser, Medizin, Klima sowie der Luft- und Wasserqualität. Der weltweite ökonomische Gesamtwert dieser sog. Ökosystemleistungen wird auf 125 Billionen US-Dollar pro Jahr geschätzt (Quelle: FONA, Forschung für Nachhaltige Entwicklung des Bundesministeriums für Bildung und Entwicklung, 27.02.2019). Damit birgt der Rückgang von biologischer Vielfalt auch erhebliche wirtschaftliche Verluste.
Viele der generellen Ursachen sind bekannt: Die intensive Landwirtschaft, der hohe Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden, der Verlust von Lebensräumen oder der Klimawandel. Auch in unserer Gegend ist wissenschaftlich nachgewiesen in den letzten 20 Jahren ein Arten-Rückgang von ca. 60 % zu beklagen (Aussage von Bernd Kurus-Nägele, Geschäftsführer Bund Naturschutz im Landkreis Kreis Neu-Ulm beim Grünen Tisch, Mai 2019).
In Städten und Gemeinden werden Pestizide eingesetzt, um Wege in Parks, Sport- und Spielplätze oder Straßenränder frei von unerwünschten Kräutern, Gräsern oder ungeliebten Insekten zu halten. Viele der Mittel stehen im Verdacht, Krebs zu erregen, die Fortpflanzung zu schädigen oder eine hormonelle Wirkung zu haben. Auf öffentlichen Flächen wie beispielsweise Sport- und Spielplätzen können die Wirkstoffe in direkten Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern kommen, insbesondere für Kinder und Schwangere ist das eine Gefahr. Bundesweit sind bereits über 50 Städte ganz oder teilweise pestizidfrei.
Pestizide töten und schädigen Insekten oder Wildkräuter direkt oder sie dezimieren ihren Lebensraum und ihre Nahrung. Von den fast 600 Wildbienen-Arten in Deutschland steht rund die Hälfte auf der Roten Liste. Dabei sind blütenbesuchende Insekten unentbehrlich für die Bestäubung von Wild- und Kulturpflanzen. Sie erhalten die Pflanzenvielfalt und sichern landwirtschaftliche Erträge und damit unsere Ernährung. Monokulturen, die intensiv mit Pestiziden gespritzt werden, sind hauptverantwortlich für diesen Artenrückgang.
Die Umstellung von Monokulturen auf Blühflächen, bei denen eine artenreiche mehrjährige Wildpflanzenmischung angesät wird, trägt zur nachhaltigen Energiegewinnung bei, fördert gleichzeitig die Struktur- und Artenvielfalt und ist ein Beitrag zum Boden- und Gewässerschutz. Blühflächen sind eine wertvolle Nahrungsquelle für eine Vielzahl an Insekten und gleichzeitig ein wichtiger Lebensraum sowie Rückzugsort für die Tiere der Agrarlandschaft. Durch die mehrjährige Nutzung wird Humus aufgebaut und dadurch CO2 gebunden. Das ist effektiver Klimaschutz. Die Blühflächen werden im Frühjahr ausgesät und können bereits im Herbst das erste Mal geerntet und in der Biogasanlage als Substrat eingesetzt werden. Eine einmal angelegte Blühfläche ist bis zu acht Jahre nutzbar. (Quelle: Bayerische Staatsregierung, Energieatlas, Praxisbeispiele, Juli 2019)
Die Stadt Vöhringen kann Verantwortung und eine Vorreiterrolle für den Artenschutz übernehmen, indem sie bei der Flächenpflege keine Pestizide einsetzt und bei der Pachtvergabe künftig Blühflächen fördert.
Besonders wichtig ist beim Artenschutz immer die Kommunikation mit den Landwirten sowie den Bürgerinnen und Bürgern, um die notwendige Akzeptanz für das Ringen um Artenvielfalt zu schaffen.

Photovoltaik-Anlagen auf Dächern von Gebäuden in städtischem Eigentum mit möglicher Bürger*innenbeteiligung
Der Stadtrat möge folgendes beschließen:
Die Verwaltung wird beauftragt,
- eine Liste der zur Installation von Photovoltaik-Anlagen (PV) geeigneten städtischen Dächern zu erstellen,
- Maßnahmen zur Nutzung der Solarenergie in Bezug auf Energieeinsparung, Nachhaltigkeit und Potenzial zur langfristigen Betriebskosteneinsparung (Wirtschaftlichkeit) zu prüfen,
- ein Konzept zu entwickeln, um auf diesen Dächern PV-Anlagen oder eine Kombination aus PV-Anlagen und Batteriespeichern zu errichten,
- eine Reihenfolge der in Frage kommenden Gebäude unter ökonomischen und ökologischen Aspekten festlegen, die als Grundlage für weitere Beratungen dient,
- auch eine Überlassung der Dachflächen zur Errichtung einer PV-Anlage durch Dritte (z.B. Solargemeinschaften, andere Energieversorgungsunternehmen, Investor*innen) ggf. gegen eine Pachtgebühr zu ermöglichen,
- künftig auf allen städtischen Neubauten PV-Anlagen zu installieren und
- bis 2030 den gesamten geeigneten Dach-Bestand der Stadt mit PV-Anlagen auszurüsten.
Begründung
Die Dächer der städtischen Gebäude haben ein großes Potential für PV-Anlagen, welche zu einem Teil ungenutzt sind. Es sollen Konzepte entwickelt werden, wie diese Potentiale besser ausgeschöpft werden können.
Die Nutzung der Solarenergie verbindet wichtige Ziele wie Energieeffizienz und Betriebskosteneinsparung und kann zudem für zusätzliche Einnahmen, etwa aus Pachtverträgen sorgen. Daher sollte bei Neubauten und umfangreichen Sanierungen immer eine Prüfung erfolgen, welche Form der Solarenergienutzung für das jeweilige Gebäude am sinnvollsten umzusetzen ist. Die Steigerung der Eigenversorgung mit klimafreundlicher Energie entlastet langfristig das Energie-Budget unserer Stadt.
Durch Photovoltaikanlagen erzeugter, nicht selbst verbrauchter Strom kann ins öffentliche Stromnetz eingespeist werden und bringt Einnahmen. Zudem hebt die dezentrale Erzeugung von Solarstrom den Anteil an regenerativer Energie und trägt dazu bei, die Vöhringer Klimaschutzziele zu erreichen. Es muss langfristig unser Ziel sein, unseren Energiebedarf durch Erneuerbare Energien zu decken.
Folgen wir in nicht zu kleinen Schritten der Gemeinde Wildpoldsried im Allgäu, das siebenmal mehr Ökoenergie produziert als es verbraucht (Quelle: Handelsblatt, 03.04.2019). Dieser und weitere Orte beweisen, dass die grüne Wende zu schaffen ist.
Markus Harzenetter, Maya Stelzner, Victor Kern, Christian Lepple
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