Markus Harzenetter begrüßte 32 Teilnehmer zum Themenabend des Grünen Tisches „Wasenlöcher bei Illerberg/Thal: Leistungen und Chancen des ursprünglichen Niedermoors für die Artenvielfalt und den Klimaschutz“. Er zeigte dabei mit Bildern einen ersten „Spaziergänger-Laien-Blick“ auf diese besondere Landschaft, die so viele Überraschungen bietet, wenn man sie durchstreift und mit allen Sinnen wahrnimmt: wilde Gräser, Pflanzen, Büsche und Bäume, sumpfige Böden, Pfützen und Tümpel, modrige Gerüche von Totholz und Wässern, dazu noch vielerlei Gezwitscher, Gezirpe, Gesumme und Gebrumme.
Einen zweiten, detaillierten und fachmännischen Blick auf diese Naturschutz-Landschaft mit ihrer besonderen Flora und Fauna warf Werner Holder vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV). Er brachte den Besucher*innen mit vielen Pflanzen- und Tierbildern die großartigen Leistungen der Wasenlöcher für die Artenvielfalt näher, die es dort zu bewahren und auch weiter zu fördern gilt. Hervorzuheben sind viele Libellen-Arten, der Laubfrosch und das in unserer Region sehr seltene Sumpfglanzkraut, das zur Ausweisung als FFH-Gebiet geführt hat, inzwischen aber leider verschollen ist.
Diplom-Biologe Ralf Schreiber zeigte anschließend einige Problemstellen auf, die es in diesem FFH- und Naturschutzgebiet in den nächsten Jahren anzugehen und zu lösen gibt. Denn die knapp 30 Jahre alte Schutzgebietsverordnung allein ist nicht ausreichend, und die Datengrundlagen und Maßnahmenvorschläge des aktuellen FFH-Managementplans seien veraltet und müssten dringend überarbeitet werden:
Primär müssten dieser Fläche einige Gehölze entnommen werden, um wieder offene Feuchtwiesen – sogenannte Streuwiesen – zu fördern, die dann gemäht oder beweidet werden können. Mit intensiver Öffentlichkeitsarbeit sollte versucht werden, private Grundstücksbesitzer zu ermutigen, ihre Flächen in den Wasenlöchern dem Kreis, der Stadt oder den Naturschutzverbänden bereitzustellen und so einen Beitrag für den Arten- und Klimaschutz zu leisten.
Ein anwesender Eigentümer signalisierte bereits seine Bereitschaft. Ralf Schreiber wies darauf hin, dass die Kommune jede Gelegenheit nutzen sollte, um landwirtschaftliche Flächen zu erwerben, die sie dann im Tausch den Landwirten anbieten kann, die noch intensiv in den Wasenlöchern und im Umfeld wirtschaften. Von Vorteil sei, dass bei einem solchen „freiwilligen Landtausch“ aus Naturschutzgründen über das Amt für Ländliche Entwicklung keine Grunderwerbsteuer anfällt.
Einen dritten Blick richtete Markus Harzenetter auf die Leistungen und Chancen dieses ursprünglichen Niedermoors für den Klimaschutz: Die Menschen legen Moore seit Jahrhunderten trocken, um sie zu bewirtschaften. Dabei gerät der Torf in Kontakt mit Sauerstoff und gibt im Laufe weniger Jahrzehnte das Kohlendioxid (CO2) an die Atmosphäre ab, das über Jahrtausende im Boden gespeichert wurde. Diesem Vorgang kann durch eine gezielte Vernässung der Moorflächen entgegengewirkt werden.
Hierzu einige Fakten:
Natürliche Moore sind die effektivsten CO 2 -Speicher weltweit, doch 43 Millionen Tonnen CO 2 entweichen allein in Deutschland Jahr für Jahr aus trockengelegten Mooren; Moore können pro Hektar sechsmal mehr CO 2 binden als Wälder, sie speichern im Schnitt 700 Tonnen CO 2 pro Hektar und sind auch für den Grundwasser- und Hochwasserschutz von großer Bedeutung.
Das Optimum wäre daher, für dieses Niedermoor den passenden Wasserstand zu erreichen und zusätzliche Nachbarflächen in eine extensivere landwirtschaftliche Nutzung zu bringen und somit viel CO 2 zu binden.
Herr Benner, der Biodiversitätsberater des Landratsamtes Neu-Ulm, stellte eine Karte mit den aktuellen Besitzverhältnissen vor; derzeit sind ca. 80% der Grundstücke im Eigentum des Landkreises, des LBV oder der Stadt Vöhringen. Deutlich wurde aber, dass es viele kleine, über das gesamte Naturschutzgebiet (NSG) verstreute Privatflächen gibt, die großflächige Aktionen erschweren. Er berichtete, dass aktuell geplant sei, den FFH-Managementplan im Auftrag der höheren Naturschutzbehörde überarbeiten zu lassen und gemeinsam mit der Moorschutzbeauftragten und der Fachstelle für Wald-Naturschutz des AELF ein geeignetes Pflege- und Entwicklungskonzept zu entwickeln. Grundsätzlich wird die hydrologische Situation im Moment dank der Aktivität des Bibers als „gut“ eingestuft.
Die Zusammenarbeit mit der Stadt Vöhringen, insbesondere mit der Umweltbeauftragten Frau Fröhlingsdorf, die in den letzten Jahren bereits sehr viel bewegt hat (u. a. Umstellung der ökologischen Grabenpflege, dem Sieg mit dem Blühkonzept der Stadt Vöhringen beim Blühpakt „Blühende Kommune“ und dem Gewässerentwicklungs- und Umsetzungskonzept), dem LBV und dem Landkreis ist bereits sehr gut. Die Stadt Vöhringen trägt einen sehr wichtigen Beitrag zum Biotopverbund, der Wiedervernässung und dem Klimaschutz bei.
Die oben genannten Akteure ziehen alle an einem Strang und die angestrebten Maßnahmen können umgesetzt werden. Notwendig ist es, die Zusammenarbeit mit den Grundstückseigentümern und den angrenzenden Flächenbewirtschaftern zu intensivieren und dabei – wo möglich – durch extensive Bewirtschaftung Pufferflächen zu schaffen und durch die extensivere Nutzung gleichzeitig Kohlenstoff zu speichern.
Derzeit seien noch ausreichend Gelder für Flächenankauf oder Maßnahmen verfügbar. Denn nur so können der bayerische „Masterplan Moore in Bayern“ und das Klimaschutzprogramm Bayern (KLIP 2050) in unserer Region umgesetzt werden.
Den vierten und abschließenden Blick sollten alle Teilnehmenden auf sich selber werfen:
Was können wir alle zusammen mit dem Landkreis und der Stadt tun, um diesen „Wasenlöcher“- Schatz weiter zu fördern und zu optimieren? Wie können wir weitere Interessierte gewinnen, die sich mit ihren jeweiligen Fähigkeiten einbringen? Sechs Teilnehmende meldeten sich, um sich künftig in einem „Arbeitskreis Wasenlöcher“ für diese Belange einzusetzen.
Markus Harzenetter schloss den Themenabend mit den Worten des Klimaforschers Mojib Latif: „Wir müssen die positive Sicht stärken und dynamisieren. Wir wissen, wie wir die Pariser Klimaziele erreichen, setzen das Wissen aber nicht konsequent um. Bei vielem stimmt die Richtung, aber die Geschwindigkeit nicht.“ Er hofft und wünscht sich wie viele Teilnehmende auch, dass das Wissen über den Wert dieses Niedermoores richtig und konsequent eingesetzt wird und mit einem möglichst hohen Tempo angegangen wird.
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