Landtagswahl

Der Stein des Anstoßes

Wahlkampfveranstaltung der Grünen auf dem Petrusplatz in Neu-Ulm. Das Grüne Spitzenduo Katharina Schulze und Ludwig Hartmann haben sich zu einer Townhall angekündigt, einer öffentlichen Veranstaltung, in der Bürger:innen Fragen zu den Vorstellungen Grüner Politik in Bayern stellen dürfen. Die Stimmung ist angespannt, denn eine ganze Gruppe von Störern, Rechtsextreme, Anhänger von Verschwörungserzählungen, Querdenkern und Putin-Sympathisanten positioniert sich auf dem Platz.

Auch die AfD hatte vorab aufgerufen, die Veranstaltung aufzusuchen. Es ist eine letztlich kleine Gruppe von Menschen, die sich zusammenfindet, die aber aggressiv auftritt, mit Pfeifen und Geschrei die Veranstaltung stört. Und sie sind gewaltbereit. Ein Betonbrocken fliegt schließlich auf die Bühne, getroffen und verletzt wird zum Glück niemand. Der Täter wird sofort verhaftet.

Dieser Stein ist eine Attacke gegen die Idee eines bunten, inklusiven und fortschrittlichen Deutschlands. Und sie überrascht nicht. Seit Monaten wird in den Sozialen Medien und bei bestimmten Printmedien enthemmt gegen alles Grüne gehetzt, und auch die CSU und die Freien Wähler haben mit ihrer fehlenden und teils unglaubwürdigen Abgrenzung nach rechts die Spaltung der Gesellschaft weiter vorangetrieben und die Grünen als „Hauptgegner“ ihrer Politik auserkoren.

Wir haben als Grüne versucht, auch hier den Diskurs zu erlauben, haben auch Fragen zugelassen, die aus den Reihen der Störer kamen. Dabei wurde deutlich, dass diese Gruppe nicht an Austausch interessiert ist, sondern nur daran, ihrem diffusen Hass auf alles Grüne freien Lauf zu lassen.

So einschüchternd sich diese Schilderungen lesen mögen: die vielen Zuschauer:innen haben sich nicht abschrecken lassen und auch im Gespräch und in der Fragerunde deutlich gemacht, dass die Mehrheit der Gesellschaft an konstruktivem und friedlichen politischen Austausch festhält.

Es ist also noch nicht 1933. Unsere Demokratie ist resilient. Und: die mediale Wahrnehmung eines schon an den Rechtsextremismus verlorenen Landes stimmt nicht mit der Wirklichkeit überein, wie wir sie auf dem Petrusplatz erlebt haben. Die Aufrechten sind mehr. Wir sind mehr. Aber dieser Wahlkampf ist nicht wie jeder andere. Er ist enthemmt und roh und wird von rechten Aktivist:innen zum Anlass genommen, ihren Hass über die Gesellschaft zu ergießen. Deshalb muss die politische Bildung intensiviert werden, Geschichte und Politik dürfen nicht weiter zum Nischenfach an den Schulen verkümmern. Der Wert der Demokratie muss hervorgehoben werden. Es darf nicht aus machtpolitischem Leichtsinn die Nähe nach Rechtsaußen gesucht werden, Antisemitismus und Rassismus dürfen nicht weiter normalisiert werden. Ein Stein reicht, um großen Schaden anzurichten. Er kann, nein, er muss uns als Gesellschaft Anlass sein, ein „Nie wieder!“ in Richtung der Antidemokraten zu schreien.

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