Datum: 25. September 2012 |
Ein subjektiver Bericht
Die Fraktionen des Neu-Ulmer Stadtrates wurden eingeladen, ein Mitglied zur Donaukonferenz 2012 zu entsenden. Diese Konferenzen finden jährlich statt und diesmal traf es mich, daran teilzunehmen. Ehrlich gesagt, es traf mich nicht, ich wollte teilnehmen. Warum? Das Thema Donauregion schwebt durch den Raum seit ich selbst Stadtrat geworden bin und ich wollte mich endlich einmal selbst mit diesem Thema beschäftigen. Zu meiner Person: Ich gehöre zu den Menschen, welche eine emotionale Beziehung zur Donau haben, denn ich bin in Regensburg, am Ufer der Donau aufgewachsen und lebe nun seit 1983 in Neu-Ulm, überquere fast täglich den Fluss, „meinen“ Fluss, die Donau.
Aus diesem Grund war mir das Ansinnen, eine Makroregion, die Donauregion zu schaffen, immer sympathisch. Es handelt sich um einen Verbund der Länder, durch welche die Donau fließt: Deutschland, Österreich, Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Rumänien, Bulgarien, Moldau und die Ukraine, also insgesamt 10 Länder. Vergleicht man diese Länder, so muss man feststellen, dass die Bedeutung des Flusses Donau sehr verschieden ist. In Deutschland ist die Donau vor allem für Bayern wichtig, in Baden-Württemberg sind wohl der Rhein oder der Neckar wichtiger, in Österreich, Ungarn und Serbien ist die Donau „der“ Fluss, in der Slowakei, in Kroatien, Bulgarien und Rumänien bildet die Donau die Landesgrenze und gibt die Möglichkeit, Schifffahrtsverkehr bis nach Deutschland oder ins Schwarze Meer durchzuführen. Für die Ukraine ist die Donau bedeutungslos. In Moldau fließt die Donau an der südlichen Grenze weniger als 10 km vorbei.
Damit wären wir bei der ersten Diskussion, die sich bei der Konferenz ergeben hat. Prof. Stratmann nannte die Makroregion Donauländer eine „Kopfgeburt“ einiger Politiker, die mit dem realen Leben nichts zu tun hätte. Diese Region erreiche die Bürger nicht, es reiche nicht aus, die Strategie zur Bekanntmachung der Donauregion bekanntzumachen. Das wäre den Bürgern egal. Diese wollen vielmehr Ergebnisse, Funktionen haben. Eine Strategiediskussion ist wichtig für die Multiplikatoren, die Kommunalpolitiker, ist aber den Bürgern nicht wichtig. Die andere Position wurde aber auch erfolgreich vertreten, denn immerhin ist es bisher gelungen, die Donauregion in Brüssel bekannt zu machen und auch Gelder locker zu machen. Es wäre völlig verfehlt, jetzt auf dem halben Weg aufzuhören, denn mit diesen Geldern kann man vor allem die Kommunikation der Donauländer untereinander verbessern. Von allen Seiten wurde die Bedeutung der Jugend hervorgehoben, die bisher nur unzureichend ins Boot genommen wurde. Ich selbst denke, dass eine Dampferfahrt mit Musik auf der Donau in Österreich mit Jugendlichen ein erster Schritt sein kann, dass ich aber als Lehrer in NU keinen einzigen Jugendlichen kenne, den das irgendwie interessierte.
Es wurden dann Beispiele von anderen Ländern erzählt, die auch als Makroregion zusammenarbeiten. Bestes Beispiel sind die Länder um die Ostsee. Sie haben ein gemeinsames Interesse, eine saubere Ostsee, in der Fischfang möglich ist und in der Schifffahrt stattfinden kann. Dieses Band ist eindeutig stärker als der Fluss Donau, denn was habe ich als Neu-Ulmer davon, ob es eine neue Brücke zwischen der Slowakei und Österreich gibt? Dann gab es noch ein positives Beispiel der Hafenstädte von Österreich, die mit den Nachbarländern mit Hafen gute Kontakte pflegen. Auch hier gibt es gemeinsame strategische Interessen. Aber ich frage mich, warum sollen mir die Vorgänge in Bulgarien wichtiger sein als jene z.B. in Tschechien, ein Land, das an uns grenzt? Selbst der Umweltskandal als aus der Theiß in Ungarn Gifte einer Goldmine in die Donau flossen, konnte mir eigentlich egal sein. Es war mir trotzdem nicht egal, aber es hat mich persönlich nicht betroffen.
Deswegen kam die Frage von OB Noerenberg zu Recht als er anfragte, wie man die Emotionen der Bürger zur Donauregion wecken wolle. Diese Frage wurde für mich nicht befriedigend beantwortet. Insgesamt ist für mich das Donaufest die bisherige Antwort auf die Problematik. Dort lernt man Menschen und Kulturen aus den anderen Ländern kennen. Solche Feste muss es auch an anderen Städten an der Donau geben. Aber ein Fest bei 2700 km Länge? Ist zu wenig. Aber mehr Feste bergen Probleme, irgendwann gehen die Künstler und das Interesse aus.
Zusammengefasst: Die gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen lassen sich nicht mit jenen aus den Ostseeländern vergleichen. Der zumindest in Deutschland spärliche Schifffahrtsverkehr, der außerdem die Natur an der Donau bedroht, kann uns Deutsche nicht so beeinflussen, dass wir uns als „Donaubürger“ verstehen. Ganz anders ist die kulturelle Verbundenheit, die bereits seit den Donauschwaben von Belang ist. Sie gilt es weiter zu fördern. Das Donaufest ist für mich der kulturelle Kernpunkt der Doppelstadt und soll es auch weiter bleiben!
Erfreulich war letztendlich die Tatsache, dass sich die Kommunalpolitiker der verschiednen Parteien als Delegation der Doppelstadt fühlten. Wir waren eine gemeinsame Gruppe und Differenzen innerhalb der Gruppe gab es nicht.
Gerhard Rauch
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